Mobiles Lernen selbst gemacht
von Daniel SeitzMobiles Lernen und politische Bildung passen gut zusammen – dies haben wir im Rahmen des Themenschwerpunktes „mobiles Lernen“ an verschiedenen Beispielen sehen können. Dieser Artikel erklärt, mit welchen Tools eigene mobile Spiele umgesetzt werden können. Es wird aufgezeigt, wie eigene QR-Codes, GPS-Missionen und Augmented Reality-Projekte umgesetzt werden können.
QR-Code-Rallyes
DIY (do it yourself), also ohne Zuhilfenahme eines Game-Design-Editors, lassen sich QR-Code-Rallyes umsetzen. Diese inzwischen – vor allem in der Werbung – immer häufiger sichtbaren Barcodes lassen sich vortrefflich Indoor einsetzen, wenn einem GPS mangels Signal in geschlossenen Räumen nicht mehr weiterhilft. Doch auch Outdoor sind sie hervorragender Mittler zwischen physischer und digitaler Welt: Mit der Kamera des Smartphone und einer App, die QR-Codes entschlüsseln kann („Reader“) , wird aus der schwarz-weißen Pixelwüste eine Information, die weiterverarbeitet werden kann, wie zum Beispiel eine Kontakt-Adresse, ein kurzer Text, ein Weblink.
QR-Games lassen sich auf zwei Wegen selbst umsetzen. Entweder die Codes werden lokal genutzt, also zum Beispiel Text-Aufgaben ausgearbeitet, mittels eines kostenlosen QR-Generators (z.B. auf qrcode.kaywa.com) in QR-Codes gewandelt und so angebracht. Der Rest passiert dann auf einem Laufzettel, der die nächsten Schritte beschreibt, Lösungen aufnimmt und Hinweise zur nächsten Station gibt, ggf. mit der letzten herauszufindenden Information verschlüsselt, z.B. „Gehen Sie XX Meter geradeaus! XX = Antwort aus dem letzten QR-Code.
Oder aber es werden mittels QR-Code Weblinks verschlüsselt, die auf Internetseiten verweisen. So kann man die Präsenz der Einrichtung bekannter machen und dort und anderswo im Netz Aufgaben recherchieren lassen, Fragen und andere Informationen (z.B. kurze Videos) hinterlegen und die Interaktion erhöhen. Auch könnten die Fragen direkt auf der Homepage, z.B. mittels Kontaktformular oder speziell veröffentlichtem Formular auf der eigenen Seite eingebunden werden.
GPS Mission
GPS Mission ging als einer der ersten mobilen Spiel-Editoren an den Markt. Über eine Weboberfläche lassen sich per drag’n’drop Elemente auf eine Karte ziehen, Aufgaben formulieren und Antworten definieren. Um GPS Mission zu spielen lädt man sich die App auf sein Smartphone. Startet man das Programm, bekommt man eine Auswahl von Spielen in der Nähe angezeigt. Eine Fingerberührung weiter beginnt die Rallye: An allen vorher im Web-Browser definierten Orten öffnet sich eine Aufgabe, wird diese richtig gelöst (die vorher definierte Aufgabe muss exakt eingetippt werden), wird auf der Karte der nächste Ort mit Aufgabe angezeigt. Die Aufgaben-Auswahl beschränkt sich auf Multiple-Choice oder freie Textfelder. Ausserdem können Foto-Aufgaben definiert werden, jedoch sind diese als Zusatzaufgaben definiert und das Fortschreiten im Spiel kann nicht abhängig vom Lösen der Aufgabe gemacht werden. Die Fotoaufgabe kann inhaltlich orientiert sein, z.B. „Mache ein Foto von dir und Goethe“ (auf einem Platz, auf dem Schiller und Goethe dargestellt sind. Sie kann aber auch die Zusammenarbeit der Gruppe fördern. Ein Klassiker ist die „menschliche Pyramide“: die Gruppe mit den meisten gestapelten Teilnehmern gewinnt.
Leider wird GPS Mission seit Jahren nicht mehr weiterentwickelt. Android und mobile Windowsbetriebssysteme werden nicht unterstützt jedoch gibt es Apps für viele alte Nokia-Handys und Geräte anderer Hersteller. Die große Stärke ist nach wie vor der einfache Editor von GPS Mission, mit dem es jedem gelingen wird, einfache mobile Spielkonzepte umzusetzen. Die virtuell designeten Touren sollten jedoch auch hier wieder getestet werden, um ggf. die gesetzten Orte anzupassen. Ein weiterer Nachteil von GPS Mission ist die Ungenauigkeit der eingestellten Koordinaten. Der Radius, in dem die gewünschte Aktions ausgelöst wird ist häufig zu weit vom geplanten Ort entfernt. Die Nutzung von GPS Mission setzt also eindeutige Zielpunkte voraus, die ohne längeres suchen gefunden werden können. Natürlich kann diese Schwäche je nach Spielkonzept auch zu einem Vorteil werden, wenn das Suchen größerer Objekte vor Ort eingeplant ist.
Augmented Reality
Augmented Reality (AR) erweitert unsere Realität, in dem es über den Live-Videobildschirm des Smartphones eine zusätzliche Ebene legt. Der berühmteste Vertreter macht dies mit der Berliner Mauer. Wer vor Ort am Verlauf der ehemaligen Berliner Mauer steht, bekommt auf dem Smartphone über das reale Bild die Mauer, wie sie damals aussah an exakt diesem Ort eingeblendet. Dies gibt einen zusätzlichen physischen Eindruck der Gegebenheiten – auch die Bundeszentrale für politische Bildung nutzt diese Technik zum vermitteln medialer Inhalte.
Die Objekte, die eingeblendet werden, können natürlich auch andere als historische sein – so z.B. Spielfiguren, die vor Ort eingeblendet werden und sich zur Interaktion anbieten. Dies macht z.B. tripventure – eine game-engine, die es zulässt, mobile augmented-reality Games umzusetzen, die ganz im Stile der alten Adventure-Games funktionieren. Sogenannte NPCs, Non-player-characters, warten an verschiedenen Orten, die über eine Karte angezeigt werden. Vor Ort angekommen, kann das Tablet oder Smartphone-Display nach oben geschwenkt werden, in der Ferne sieht man über dem Videobild der Umgebung eine virtuelle Spielfigur, die, je näher man kommt, größer und deutlicher wird. In ausreichender Nähe angelangt, kann diese angesprochen werden. So werden im Spiel Informationen gesammelt. Mit Agenten, Informanten, Grenzpförtnern u.v.m. kann interagiert und Aufgaben durch Dialoge und richtige Antworten gelöst werden. So kann das Spiel sich variabel entwickeln und der Spieler auch immer wieder Einfluss auf den weiteren Verlauf nehmen. Um ein Spiel dieser Dimension und vor allem – im Gegensatz zu den bislang vorgestellten Methoden – narrativen Spieltiefe zu erstellen, braucht man deutlich mehr Ressourcen. Die Spielfiguren werden vor einem Bluescreen (eine Methode aus dem Film, um Schauspieler vom Hintergrund freizustellen, wie es z.B. täglich beim Nachrichtensprecher eingesetzt wird) gedreht und ggf. verfremdet, die Story muss gut ausgearbeitet werden, Dialoge geschrieben, die Spiellogik immer wieder überprüft werden und durch intelligentes Game-Design die Story so geschrieben werden, das der Spieler das Gefühl von Freiheit in seinen Handlungen hat, ohne dass die Möglichkeiten so komplex werden, dass der Game-Designer den Überblick verliert. Weiter müssen auch finanzielle Ressourcen geplant werden. Das Spiel finanziert sich entweder durch Lizenzkosten oder durch hohen Absatz des Spiels, so man es denn kostenpflichtig anbietet.
Wo tripventure einen Einblick in vor wenigen Tagen veröffentlichte state of the art Technologie gibt, zeigt Michael Lange von Metaversa ausführlich, wie auch in einem Workshop gemeinsam mit Jugendlichen ein AR-Game entwickelt werden kann.
App Inventor
Der ursprünglich von Google selbst entwickelte „App-Baukasten“ für Android wird seit kurzem vom MIT für die Bildungsarbeit weiterentwickelt. Damit ist es jedem ohne Programmierkentnisse möglich, eigene Apps für Android zu entwickeln.
Wie so etwas aussehen kann, macht Steffen Griesinger von medien+bildung.com mit dem Projekt kaiserdom-app vor. Noch sind einige Funktionen beim App Inventor wünschenswert, doch zeigt er schon jetzt einen guten Weg auf, zur eigenen App zu kommen – natürlich in diesem Fall auch nicht in Zukunft systemübergreifend. Und das wird eine der großen Herausforderungen bleiben: mobile Spiele zu entwickeln, die keinen ausschließen, in dem sie eines der großen Systeme (Android, iOS und zunehmend auch Windows Phone) ausschließen.
Edunauten
Um all die Erfahrungen, die seit wenigen Jahren in der Bildungsarbeit gesammelt werden, zu bündeln, haben sich Ende 2010 die edunauten gegründet. Dieses Netzwerk hat sich zur Aufgabe gemacht, den Einstieg ins Thema zu erleichtern – durch Fortbildungen, einem Geräte-Verleih, der für die ersten Gehversuche sehr günstig Geräte bereit stellt (vom GPS-Gerät über Smartphone bis hin zu Tablets ist alles dabei) und zentralen Informationen und kollegialem Austausch. Ausserdem entwickelt das offene Netzwerk eine bundesweite Karte, die jedem Akteur die Möglichkeit gibt, eigene mobile Lernangebote einzustellen und vor allem weitere zu finden. So kann ein Klassenlehrer, noch bevor er zur Klassenfahrt nach Weimar startet, sich schon informieren, welche alternativen, mobilen Lernangebote vor Ort sind. Und diese gleich mit den SchülerInnen nutzen.
Welche Erfahrungen gibt es mit der mobilen Spielentwicklung? Welche Inhalte eignen sich besonders für diese Art des Lernens? Und zu welchen Tools ist eine ausführlichere Anleitung gewünscht?
Dieser Artikel steht unter der CC-by-Lizenz (mehr dazu). Der Name des Autors/Rechteinhabers soll wie folgt genannt werden: CC-by-Lizenz, Autor: Daniel Seitz für pb21.de. Die Abbildungen fallen nicht unter die CC-Lizenz. |