BarCamp Learnings zu TikTok in der politischen Bildung
von Sarah Christl
Barcamp – das heißt: Wissen teilen, voneinander lernen, sich vernetzen. Genau das ist am 6. Oktober im Global Village Berlin bei “scroll & resist – BarCamp für demokratische Social-Media-Strategien” passiert.
Hier kamen Menschen aus der politischen Bildung, Jugendarbeit, aus zivilgesellschaftlichen Vereinen und der Medienpädagogik zusammen. Sie tauschten sich zu praktischen und gesellschaftspolitischen Fragestellungen rund um Plattformen und einen wertebasierten Umgang mit Social Media aus.
Über den Tag verteilt fanden zwölf Sessions statt – von Kanalentwicklung über Marketingstrategien bis hin zur Erkennung rechter Codes auf Social Media.
Hier fassen wir einige Ideen, Antworten und Learnings der Veranstaltung zusammen.
Wie startet man einen TikTok-Kanal, der junge Zielgruppen wirklich erreicht? – In einer Session wurde gesammelt, was beim Aufbau und bei der Konzeption eines Kanals in der politischen Bildung hilft – und wo typische Stolpersteine liegen.
Zielgruppen wirklich verstehen
Bevor das erste Video entsteht, lohnt es sich – wie immer, wenn es um Kommunikation geht – ein genauer Blick auf die Menschen, die erreicht werden sollen: Wer sind sie? Wie informieren sie sich? Welche Themen, Formate oder Ästhetiken sprechen sie an? Was verstehen wir gut, und was verstehen wir vielleicht auch gar nicht bei unserer Zielgruppe – und müssen entsprechende Unterstützer*innen mit einbinden? Positiv erwähnt wurde die Arbeit mit Personas – also fiktiven, aber konkreten Nutzer*innenprofilen. Sie beschreiben Herkunft, Interessen, Werte, TikTok-Verhalten und Probleme.
Zwischenfazit: Besser klein starten und wachsen. Eine eng definierte Zielgruppe zu Beginn hilft, Erfahrungen zu sammeln und die Community organisch auszubauen.
Inspiration statt Imitation
Ein Blick auf bestehende Kanäle zeigt, was funktionieren kann – und teilweise auch, was nicht. Welche Stile nutzen erfolgreiche Formate? Ob Erfahrungsberichte und Frontkamera, Greenscreen-Montagen, Stitches, Memes oder Musik: Der Anspruch, zu verstehen, warum etwas gut funktioniert, ist nicht verkehrt. Aber es kommt auch darauf an, ein Gespür für dynamische TikTok-Kulturen zu entwickeln und sich ans Ausprobieren zu wagen.
Eine Session zur Nutzung und Entwicklung von Memes gab es übrigens auch – darauf gehen wir in Zukunft nochmal genauer ein. Den gesamten Sessionplan und die jeweiligen Protokolle findet ihr hier.
Wenn es um TikTok geht, ist der direkte und zeitnahe Austausch mit Jugendlichen bzw. der eigenen Zielgruppe besonders wertvoll: Welche Inhalte landen in ihren Feeds? Welche finden sie glaubwürdig oder inspirierend? In der Studie “How to sell democracy fast” kann man dazu nochmal detaillierte und wissenschaftliche Ergebnisse nachlesen. Auch Kooperationen können helfen: Influencer*innen oder Mikro-Creator*innen, die bereits eine ähnliche Community ansprechen, können Know-how teilen oder gemeinsam Inhalte entwickeln. Das stärkt Authentizität – und spart Zeit beim Experimentieren.
Content ist Teamarbeit
TikTok lebt von Regelmäßigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit. Wer sichtbar bleiben will, braucht Kontinuität – und eine gewisse Flexibilität.
Empfohlen wurden Content-Creation-Days, um mehrere Videos vorzuproduzieren und einen Vorrat an Inhalten anzulegen. Gleichzeitig sollte das Team auf aktuelle Trends oder gesellschaftliche Themen reagieren können. Dazu müssen Inhalte auch nicht immer selbst produziert werden – die Vernetzung mit anderen Kanälen hilft, um Inhalte z. B. zu reposten. Das spart nicht nur Zeit, sondern sorgt auch für mehr Reichweite.
Ein wiederkehrender Punkt im Austausch: Freigabeprozesse bremsen Kreativität. Wenn jedes Video über mehrere Ebenen abgestimmt werden muss, verlieren Formate an Spontanität. Ein gemeinsam entwickelter Code of Conduct kann hier helfen – mit klaren Leitlinien zu Haltung, Themen und Tonalität. Außerdem sinnvoll: ein kleines, eingespieltes Kernteam für Social-Media-Inhalte, das selbstständig Entscheidungen treffen kann.
Keine Angst vor Kommentaren: Haltung zeigen statt abschalten
Oft gibt es Support für Beiträge, manchmal aber auch diskriminierende Kommentare, Hate Speech oder Shitstorms. Dennoch rieten die Teilnehmenden klar davon ab, die Kommentarfunktion einfach zu deaktivieren. Stattdessen braucht es Strategien für Moderation und Haltung. So wurde z. B. eine Netiquette als gemeinsame Grundlage für respektvolle Diskussionen empfohlen, auf die bei der Kommentarmoderation verwiesen werden kann – oder auch das Aufgreifen und Bearbeiten problematischer Kommentare in neuem Content. So wird daraus direkt eine Gelegenheit zur Positionierung und zur Stärkung der eigenen Community.
Zudem empfiehlt das TikTokSlam-Team für Berliner Community-Manager*innen die Beratung zum Umgang mit Hass im Netz durch das ebenfalls LADS-geförderte Projekt civic.net.
Nachhaltigkeit mitdenken: Social Media braucht Struktur
Unbeantwortet blieb die Frage nach der Nachhaltigkeit: Derzeit fordern Fördernde bei neuen Projekten häufig auch die Einrichtung neuer Kanäle. Das führt zu zwei Herausforderungen: Zum einen muss für jedes neue Projekt wieder eine eigene Community aufgebaut werden. Zum anderen bleiben bestehende Kanäle auf der Strecke, weil sie nicht mehr aktiv betreut werden können.
Die Anregung aus dem Netzwerk: Dieses Thema muss stärker in die Förderlogik und -verantwortung eingebracht werden, damit Social-Media-Arbeit langfristig gedacht und finanziert werden kann.
Jetzt: Von der Strategie zur Praxis
Wenn Konzept, Zielgruppe und Thema stehen, kommt der nächste Schritt: selbst aktiv werden. Denn die besten Ideen bleiben Theorie, solange sie nicht in kreative, greifbare Inhalte übersetzt werden.
Mit unserem Workshop-Angebot TikTokTactics unterstützen wir euch genau dabei. In den zwei kompakten Modulen vermitteln wir Grundlagen der vertikalen Videoproduktion und werfen gemeinsam einen Blick hinter die Kulissen von Empfehlungssystemen auf TikTok, Instagram und Co.
Wir schauen uns zusammen an, wie Plattformen funktionieren, und besprechen, welche Chancen und Risiken sich daraus für die eigene Social-Media-Kommunikation ergeben – und ob und wie ihr selbstbestimmt, reflektiert und wirkungsvoll mit ihnen umgehen könnt.
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