Kölner Aufruf gegen Computergewalt und Stellungnahme
von Daniel SeitzNach dem völlig unsäglichen, polarisierenden sogenannten „Kölner Aufruf gegen Computergewalt“ gibt es jetzt eine Stellungnahme des Vorstands der GMK dazu.
Wer sich den Aufruf antun mag (eigentlich ein gutes Lehrstück, wie sachlich flach und unwahr berichtet werden kann, jedem Andersdenkenden pauschal Korruption vorgeworfen werden kann und im gleichen Atemzug ohne besondere Fachkenntnis dem wirtschaftlich stärksten Bereich der Unterhaltungsindustrie (sprich: der Bereich, der den größten Bedarf in der Gesellschaft abdeckt!) jegliche gesellschaftliche Relevanz abgesprochen wird, bzw. dessen Klientel durch plakative Verbotsforderungen gleich mal für Unmündig erklärt werden kann). Ich fasse es immer noch nicht, was für Namen in der Unterzeichnerliste auftauchen, wünsche aber jedem Unterzeichner, von öffentlichen Fördermitteln nicht mehr bedacht zu werden!
Aus der GMK-Stellungnahme:
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Wir als Vorstand der GMK distanzieren uns deutlich von diesem Text. Wir sind empört darüber, wie hier seriöse WissenschaftlerInnen und medienpädagogische, politisch bildende und wissenschaftliche Einrichtungen diffamiert werden. Einer durchaus notwendigen Auseinandersetzung mit der Thematik wird damit ein schlechter Dienst erwiesen.
1. Die Initiatoren des sog. Kölner Aufrufs verfehlen eine angemessene, seriöse und redliche Argumentationsweise. Angesichts des Aufrufs erschreckt uns insbesondere die Diffamierung von Andersdenkenden, indem diese quasi als Komplizen der einflussreichen Industrie dargestellt werden. Dort heißt es: „Kritik an Computerspielen wird als ‚unwissenschaftlich’ diffamiert. Tatsächlich gibt es aber keinen so genannten ‚Wissenschaftsstreit’: Über 3500 empirische Untersuchungen belegen den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Mediengewalt und gesteigerter Aggressivität. Wissenschaftler, die dies leugnen, machen sich zu Komplizen und sind Profiteure des militärisch-industriell-medialen Komplexes, denn deren Institute erhalten umfangreiche finanzielle Unterstützung der Games-Industrie.“ Diese Versuche, ein komplexes, gesellschaftliches Thema auf einfachste Erklärungsmuster und Handlungsstrategien zu verkürzen und Andersdenkende dem Pauschalverdacht der Korruption zu unterwerfen, bewegen sich unseres Erachtens an der Grenze eines demokratischen Diskurses.
2. Der Aufruf macht uns angesichts der aktuellen Kriege fassungslos. Was wollen uns die Unterzeichner klar machen? Dass z.B. der Krieg zwischen dem Staate Israel und der Hamas vom militärisch-industriellen Komplex geschürt wird? Oder dass die Selbstmordattentäter durch „Killerspiele“ inspiriert werden? Oder dass Computerspiele die Wirklichkeit des Krieges in unsere Wohnzimmer und Köpfe holen könnten?
Verschwörungstheorien dieser Art sind bestens geeignet, Ressentiments zu schüren und die gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Ursachen für Gewalt in der Gesellschaft und Kriege zwischen Staaten zu verschleiern. Die teils aggressive Wortwahl des Aufrufs, der mit militärischen Begriffen wie „Killer-Industrie“, „Tötungsmaschinen“, „vergiften“ etc. agiert, fällt letzten Endes auf die Unterzeichner zurück. Wir fragen uns, ob angesehene KollegInnen und WissenschaftlerInnen vor der Unterzeichnung dieses Aufrufs diesen wirklich ernsthaft geprüft haben. Statt eine kritische Auseinandersetzung zu fördern, unterstützen sie damit platte populistische Thesen.
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[via PM, Symbol-Bild Joachim S. Mü]