Code-Literacy-Förderung durch Jugend hackt
von Daniel SeitzDie Förderung von Code-Literacy steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen.
Das Projekt „Jugend hackt“ nimmt sich dem Thema in Form eines „Jugend-Hackathons“ seit 2013 an. Hier möchten wir die Evaluations-Ergebnisse [Befragung und Auswertung als open data] vorstellen und Hinweise für die Medienpädagogik geben.
Die Evaluation orientierte sich an den Zielen der Veranstaltung und überprüfte deren Realisierung mit Hilfe psychologischer Konstrukte. Im Folgenden werden deshalb die Ziele und dafür verwendeten Methoden kurz skizziert und mit den jeweiligen Evaluationsergebnissen verknüft.
- Vorhandene Programmierbegeisterung fördern.
Den Organisator/innen von Jugend hackt ist es wichtig, dass die Jugendlichen ihre Lern- und Arbeitsziele für das Wochenende während der Projektfindungsphase selbst definieren, am Ende steht meist ein Prototyp, der dann vor Publikum präsentiert wird. Durch die konkrete Realisierung eines Projekts und die positiven Rückmeldungen während der Präsentation werden Erfolgserlebnisse erzeugt.
Die Programmierbegeisterung wurde aus zwei verschiedenen Blickwinkeln untersucht. Zum einen wurden die Jugendlichen nach ihren Fähigkeiten zu konkreten Programmiersprachen gefragt (Skala von Vollprofi bis Anfänger). Zum anderen wurde die programmierbezogene Selbstwirksamkeit erhoben, also das Vertrauen in die eigenen Programmierfähigkeiten. Obwohl es nach Jugend hackt in beiden Fällen eine Tendenz nach oben gab, waren die Ergebnisse statistisch nicht signifikant.
- Den Austausch unter Gleichgesinnten ermöglichen.
Jugend hackt will einen Schutzraum für gleichgesinnte Jugendliche bieten. Da es flächendeckend bislang wenig Angebote für technikbegeisterte Jugendliche gibt, fehlen ihnen entscheidende Austauschplattformen. Eine häufige Rückmeldung der Teilnehmer/innen von Jugend hackt ist tatsächlich, dass sie hier endlich auf andere Jugendliche treffen, die genau so ticken, wie sie.
Untersucht wurde hier, ob die Jugendlichen nach Jugend hackt lieber mit Gleichgesinnten an einem Programmierprojekt bastelten, als davor und sich selbst kompetenter in dieser kooperativen Arbeitsweise einschätzen. Tatsächlich konnte durch die Evaluation eine signifikante Steigerung festgestellt werden.
- Den Jugendlichen helfen, ein positives Verhältnis zu ihren technischen Fähigkeiten zu entwickeln.
Hier spielt das Zusammentreffen mit Mentor/innen und Gleichgesinnten eine entscheidende Rolle. Wie oben bereits beschrieben, werden die Jugendlichen mit ihrem technischen Interesse häufig alleine gelassen. Durch den Kontakt zu Gleichgesinnten und erwachsenen Mentor/innen, während (und auch nach) Jugend hackt, werden die Jugendlichen in ihrem Interesse bestärkt. Jugend hackt legt Wert darauf, den Fähigkeiten der Jugendlichen eine Bühne und damit auch öffentliche Sichtbarkeit zu bieten.
Auch dieses Ziel konnte durch die Evaluation bestätigt werden. Die Jugendlichen konnten sich nach Jugend hackt signifikant besser mit ihrer jeweiligen Vorstellung einer Programmiererin oder eines Programmierers identifizieren.
- Den Jugendlichen die gesellschaftliche Relevanz ihrer technischen Fähigkeiten aufzeigen.
Die Strukturierung der Projektfindungsphase durch Themenräume zu Bereichen, wie Umwelt, Bildung, Überwachung, Gesellschaft oder Essen, sowie ein Fokus auf offene Daten, hilft den Jugendlichen Projekte zu gesellschaftlich relevanten Fragestellungen zu entwickeln. Zusätzlich werden durch Vorträge (2014 zum Beispiel Frank Rieger mit dem Thema: Die Ethik des Hackens) und Preiskategorien Schwerpunkte gesetzt.
Um herauszufinden, ob Jugend hackt die Jugendlichen für die gesellschaftliche Relevanz ihrer Fähigkeiten sensibilisiert, wurde die politische Wirksamkeit in Bezug auf Digitalpolitik untersucht, also das Vertrauen in die eigene Gestaltungsmacht innerhalb dieses politischen Themenfeldes. Obwohl sich nach der Veranstaltung auch hier eine Tendenz nach oben abzeichnete, war der Unterschied statistisch nicht signifikant.
Empfehlungen für die Medienpädagogik
Aus der Evaluation wird deutlich, dass der Ansatz, eines außerschulischen Angebots mit der Aufforderung, Gesellschaft positiv zu gestalten, funktionieren kann. Es scheint möglich, die von den Jugendlichen empfundene politische Selbstwirksamkeit positiv zu beeinflussen – und damit Motivation für eigenes politisches Handeln zu schaffen.
Sehr deutlich wird der Bedarf nach sozialem Austausch mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten formuliert – dafür ist es notwendig, neue medienpädagogische Angebote und Orte des Austausches zu schaffen. Die übliche Zuschreibung Nerd/ProgrammiererIn gleich sozial zurückgezogen, können wir nicht bestätigen. Es scheint, ganz im Gegenteil, einen großen Bedarf an sozialer Interaktion in diesem Bereich zu geben, wie die folgenden Evaluationsergebnisse zusätzlich unterstreichen.
Für die Medienpädagogik bedeutet dies aus unserer Perspektive: Jugend-Hackathons sind ein geeignetes Format für die aktive Medienarbeit zur Förderung von Code-Literacy. Dazu empfehlen wir, Allianzen mit NGOs aus dem Tech-Bereich und engagierten (lokalen) Initiativen wie dem Chaos Computer Club, CoderDojos uvm. zu suchen.
Jugend hackt wird 2015 an voraussichtlich fünf Orten stattfinden, unterstützt aber auch gerne mit Wissen und Methoden die Veranstaltung eigener Jugend-Hackathons.
AutorInnen:
Paula Glaser, Projektmanagerin Jugend hackt, Twitter: @rinhia
Daniel Seitz, Medienpädagoge Jugend hackt, Twitter @sondala
Dieser Artikel erschien zuerst im Medienpädagogik-Praxisblog.