Kampfsport als Thema für politische Bildung und Radikalisierungsprävention
von Timon StrnadKampfsport erfreut sich in den letzten Jahren steigender Beliebtheit und ist dabei der Oberbegriff für ganz verschiedene Sportarten. Von Karate und Judo, über Kickboxen und Muay Thai, bis hin zu Ringen und Grappling unterscheiden sich die Sportarten in Bewegungsabläufen und Regelwerken. Besonders MMA (Mixed-Martial-Arts) erreicht seit dem letzten Jahrzehnt immer mehr Zuschauer*innen und junge Leute trainieren Kampfsport im wachsenden Angebot von Vereinen und freien Kampfsportstudios. Dies alles geschieht trotz des schlechten Rufes, den Kampfsport häufig noch hat. Dieser Trend ist auch an der extremen Rechten nicht vorbei gegangen. Neonazis haben ihr Rekrutierungsfeld, neben Fußball und Rechtsrock, um den Kampfsport erweitert und somit eine neue Erlebniswelt für rechtsoffene, meist männliche Jugendliche und junge Männer erschlossen. Meist männlich, da gerade der Kampfsport für den martialischen Teil rechter Ideologien ansprechbar ist und sich hier traditionelle Rollenbilder und Vorstellungen von Männlichkeit leicht verbinden lassen. Neben rechten Modelabels gab und gibt es europaweit rechte Kampfsportevents. Die Szene hat sich damit neben einem Rekrutierungsfeld auch Events zur Vernetzung und eine ökonomische Einnahmequelle geschaffen. Ist der schlechte Ruf also gerechtfertigt? Die Antwort darauf muss nein lauten. Denn auch wenn Rechtsextreme den Kampfsport für sich entdeckt haben, lässt sich nicht sagen, dass sie den Kampfsport-Bereich dominieren. Viel mehr wurde während der Fachtagung – an der wir als AntiAnti Ende April teilgenommen haben – auch darauf geschaut, welche Möglichkeiten und Potentiale für die politische Bildung und die Radikalisierungsprävention im Kampfsport bestehen. Denn Kampfsport zieht ein breites und diverses Publikum an. Insbesondere für viele junge Menschen aus gesellschaftlich marginalisierten Gruppen bietet Kampfsport auch einen Raum für Empowerment. Geschlechterspezifische Rollenbilder können im Ring aufgebrochen werden, Jugendliche mit unterschiedlichen sozialen Backgrounds können sich hier begegnen. In diesem Spannungsfeld fand auch besagte Fachtagung statt. Drei Tage lang wurde in verschiedenen Workshops und Panels diskutiert, sich ausgetauscht und Ideen entwickelt. Mit dabei waren viele Teilnehmende aus der politischen Bildung, Sozialarbeiter*innen, Kampfsport-Trainer*innen, Studio-Betreiber*innen und Vertreter*innen aus der Verbandsarbeit. Für die politische Bildung und die Radikalisierungsprävention ist der Kampfsport also ein Feld, bei dem es sich lohnt, darauf ein Auge zu haben. Nicht nur weil dort Neonazis versuchen zu rekrutieren und daher natürlich Aufklärungsarbeit notwendig ist. Sondern auch weil Kampfsportstudios für viele junge Menschen ein zentraler sozialer Raum in ihren Lebenswelten sind. Die Trainer*innen werden dabei häufig als Vorbilder und Rolemodels wahrgenommen – dadurch können sie einen starken Einfluss auf die Jugendlichen nehmen. Zudem steht der respektvolle Umgang untereinander im Kampfsport immer im Mittelpunkt – so das Fazit auf dem Abschlusspodium der Fachtagung. Schon diese Grundhaltung bietet viel Potential zur Vermittlung gemeinsamer Werte. Wir als AntiAnti haben uns aktiv an dem Austausch auf der Fachtagung beteiligt und viele spannende Gespräche über progressive Entwicklungen und Potentiale für den Bildungsbereich geführt, aber auch über die Notwendigkeit von Prävention gesprochen. Wir konnten hier viel für unsere zukünftige Arbeit und Anregungen für neue Projekte mitnehmen.