12. Juni 2025

Mehr als nur mitgemeint – Wie Workshops wirklich MINTA*-gerecht werden

von Katja Lauth

FLINTA*-Personen waren in MINT-Fächern über Jahrzehnte formal und praktisch ausgeschlossen – der Zugang zum Studium wurde Frauen in Deutschland erst ab 1900 erlaubt, technische und naturwissenschaftliche Bereiche blieben lange männlich dominiert. Diese Exklusion hat strukturelle Spuren hinterlassen, die bis heute wirken.

Viele Bildungsangebote meinen MINTA*-Jugendliche inzwischen mit – doch das reicht nicht. Wer wirklich inklusive Technik-Workshops gestalten will, muss über symbolische Teilhabe hinausgehen.
Im Projekt Jugend hackt 2 Go entwickeln wir Formate, die MINTA*-Jugendliche ins Zentrum stellen. In diesem Artikel zeigen wir, auf welche vier Prinzipien wir dabei setzen – und was pädagogische Fachkräfte daraus mitnehmen können.

1. Vorbilder wirken – wenn sie richtig gezeigt werden

Wer MINT-Themen vermittelt, vermittelt immer auch Bilder davon, wer dazugehört – und wer nicht.  Mädchen und junge Frauen orientieren sich leichter an Vorbildern, mit denen sie sich identifizieren können. Diese sollten möglichst nah an der Lebenswelt der Jugendlichen verortet sein – und als greifbare Personen mit Stärken und Schwächen erkennbar werden. Ausschließlich außergewöhnliche Karrierefrauen abzubilden, kann sogar den gegenteiligen Effekt haben: Mädchen fühlen sich ihnen gegenüber unterlegen oder „nicht gut genug“ – und lassen sich dadurch entmutigen (Großkopf 2019: S. 35). Gerade für Jugendliche, die bislang wenig Berührung mit oder Interesse an MINT-Themen hatten, ist es wichtig zu sehen: Erfolg im MINT-Bereich ist kein geradliniger Weg – und er muss auch nicht zwangsläufig in einer Karriere enden. Er kann vieles bedeuten: ein gelöstes Problem, ein kreatives Projekt, ein selbstgebautes Tool – und ist auch mit Hürden zu meistern.

Unsere Umsetzung:
Wir binden Geschichten von Vorbildern ein und machen sie nahbar – z.?B. über untypische Werdegänge oder humorvolle Details. Zudem achten wir darauf, dass technisch versierte FLINTA*-Personen in der Workshopleitung mitwirken.

2. Praxis statt Theorie: Räume für eigenes Erleben schaffen

Auch Mädchen bleiben länger interessiert, wenn sie selbst ausprobieren und gestalten können. Praktische Erfahrungen fördern Selbstwirksamkeit und bauen Unsicherheiten ab. Außerdem legen Mädchen häufig größeren Wert auf kreative Problemlösungen als auf das reine Erlernen technischer Fähigkeiten (Microsoft 2017: S. 10; Happe et al. 2020: S. 2823)..

Unsere Umsetzung:
Wir vermitteln das nötige Know-how, damit Aufgaben selbstständig und frei gestaltet werden können. Es geht nicht um richtig oder falsch – sondern um praktische Anwendung und die Umsetzung eigener Ideen.

3. Was bringt mir das? Alltagsbezug und Mehrwert

Mädchen beschäftigen sich eher mit Technik, wenn sie einen gesellschaftlichen oder persönlichen Mehrwert erkennen. Die Verbindung zur eigenen Lebenswelt ist entscheidend. Ebenso wichtig: die Verknüpfung von MINT mit sozialen Kompetenzen: Wenn technische Aufgaben zum Beispiel in Teamarbeit gelöst werden, entsteht Raum für Kommunikation, gegenseitige Unterstützung und gemeinsame Entscheidungsprozesse. Dabei können Diskussionen über Verantwortung, Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Wirkung angestoßen werden – und Technik wird nicht nur funktional, sondern als gestaltbares Mittel zur Mitwirkung erfahrbar (gFFZ 2018: S. 8; Großkopf 2019: S. 21).

Unsere Umsetzung:
Wir regen an, die Inhalte kritisch zu hinterfragen. Wir zeigen den Mehrwert für Alltag und Lebenswelt und beantworten Fragen wie: Wofür ist das gut? Was kann ich damit machen? Wir ermutigen zum gemeinsamen Arbeiten, zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung.

4. Medienvielfalt

Grafische Programmierumgebungen erleichtern den Einstieg in komplexe Inhalte – gerade für Anfänger*innen. Tools wie Scratch oder Bitsy nutzen visuelle, intuitive Bedienelemente und senken so die Hürde, Programmiersprachen zu erlernen.
Multimediale Materialien, die verschiedene Sinne ansprechen, helfen Lernenden mit unterschiedlichen Lernstilen und Vorerfahrungen.

Unsere Umsetzung:
Wir setzen auf einfach zugängliche Tools, die komplexe Inhalte spielerisch und visuell vermitteln. Durch die Kombination verschiedener Medien erreichen wir möglichst viele Lerntypen.

Fazit und Ausblick

Im zweiten Quartal dieses Jahres testen wir unsere OER-Materialien in Workshops mit Jugendlichen. Gemeinsam wollen wir herausfinden, was funktioniert, was fehlt – und was sich noch besser an die Bedarfe von MINTA*-Jugendlichen anpassen lässt. Das gesammelte Feedback fließt direkt in die Weiterentwicklung der Materialien ein.

Du willst auch, dass Technik-Workshops inklusiver gestaltet werden und dir gefallen unsere Prinzipien? Dann streue diesen Beitrag gern in deine Netzwerke.

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Text: Jennifer Neißer, Spawnpoint

Beitragsbildquelle: Oliver Lang


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