Hebocon – ein zeitgemässes Format der Medienbildung rund um Robotik
von Ilona StuetzWas ist eine Hebocon?
Eine Hebocon ist ein Sumo-Ringer-Wettbewerb für selbstgebaute Low-Tech-Roboter. Dabei siegt aber nicht unbedingt der stärkste Roboter, im Gegenteil gibt es sogar Punktabzug für technische Perfektion. Im Vordergrund stehen der Spaß beim Roboterbasteln und die chaotische Unvorhersehbarkeit jedes Kampfes. Damit ist die Hebocon ein tolles Format für die Medienbildung, fördert sie doch einen respektlosen, spielerischen Umgang mit Technologie, DIY und eine zeitgemäßen, handlungsorientierten Zugang.
Was braucht man für eine Hebocon?
- Lötkolben
- Heißklebepistolen
- Diverses Werkzeug (Zangen, Scheren, Schraubendreher,…)
- Verschiedener Elektroschrott zum Bauen
- Bastelmaterial (Verpackungsmaterial, Dosen, alte Tastaturen, ….)
- Motoren; entweder aus alten Geräten oder neu (wichtig ist darauf zu achten, dass es Motoren sind, die keine Ansteuerung durch einen Microcontroller brauchen und die entsprechende Stromversorgungen vorhanden sind)
- Batterien oder Netzteile für die entsprechende Versorgung der Motoren
- 100×50 Brett als Kampfarena
- Waage (für Fliegengewichte eignet es sich gut, eine Briefwaage zu haben)
Was man sonst noch brauchen kann:
Es hat sich bewährt, zumindest ein einfaches Kamera-Setup zu verwenden. Vor allem, wenn es schwer abzuschätzen ist, wie viele Personen am Kampf teilnehmen und wie viele Zuseher*innen zu erwarten sind. Eine Projektion des Top-Shots auf eine Leinwand ermöglicht es allen, das Treiben in der Arena zu sehen. Hat man mehr Ressourcen, ist es natürlich auch möglich, mit mehreren Kameras aus verschiedenen Perspektiven zu arbeiten, um hautnah am Geschehen zu sein.
Welche Rollen gibt es?
- Bauunterstützung
- Moderation für den Kampf
- Schiedsrichter für den Kampf
- Technischen Support beim Kampf
- Gegebenenfalls Kamera, Bildmischer
Das Hebocon Prinzip:
Die Teilnehmenden bauen Roboter, wobei der Phantasie dabei keine Grenzen gesetzt sind. Es gibt nur ein paar Regeln die zu beachten sind. Bei der Hebocon geht es um ein Wettbewerbs-Format, bei dem vor allem der Spaß im Vordergrund steht. Die Bezeichnung stammt vom japanischen Wort “heboi” und bezeichnet etwas, das von geringer Qualität ist oder mangelhaft. Manche Roboter werden sich vermutlich nicht auf die direkteste und einfachste Art und Weise fortbewegen, möglicherweise gehen sie auch während des Kampfes kaputt. Sie mögen aus technischer Sicht fehlerhaft wirken, doch im Rahmen einer Hebocon kann genau das von Vorteil sein und ein Erfolg wird umso mehr gefeiert. Für die Teilnehmer*innen an einer Hebocon bedeutet das, dass sie keine besonderen Vorkenntnisse benötigen. Das Kampfprinzip ermöglicht somit die Freiheit, die technische Perfektion in den Hintergrund rücken zu lassen. Das lustvolle Tun und kreative Schaffen steht im Vordergrund.
Die Regeln:
Es gibt zwar ein offizielles Regelwerk der Erfinder*innen der Hebocon, dennoch ist es möglich, diese an die Rahmenbedingungen anzupassen. (Die Standardregeln findet man zum Beispiel hier.) So kann die Größe des Ringes angepasst werden oder auch die Länge der einzelnen Runden, je nach Anzahl der Teilnehmer*innen. Die maximale Größe des Roboters lässt den Verbrauch an Baumaterial etwas besser einschätzen.
- die Größe des Roboters wird auf ein Maximalgewicht und eine maximale Breite und Länge begrenzt. Beispielsweise 40x40x40 und 500g
- die Arena ist 100×50 cm groß
- die Roboter starten von gegenüberliegenden Seiten
- die Kämpfe werden nach dem Knock-out Prinzip abgehalten
- jede Runde ist zeitlich begrenzt
- verloren hat der Roboter der
- den Ring zuerst verlässt
- zuerst umfällt
- innerhalb von einer Minute die geringste Distanz zurück legt
Kann kein*e eindeutige*r Sieger*in nach den Regeln ermittelt werden, stimmt das Publikum ab. Punkteabzug gibt es für High-Tech Dinge, wie Fernbedienungen und Steuerelemente!
Durchführung:
Der Bau kann als offenes Angebot erfolgen. Es hat sich bewährt, ein paar erfahrene Pädagog*innen oder Teamer*innen zu haben, die gegebenenfalls beim Verbau von Motoren unterstützen oder auch ein Auge auf Verletzungsgefahren bei Heißklebepistolen, Lötkolben und anderem Werkzeug haben. Für die Moderation und auch die Vorbereitung des Kampfes, ist es hilfreich, wenn jeder Roboter, sobald er fertig gebaut ist registriert wird. Er wird abgemessen, gewogen und der Name wird notiert. Für den Ablauf des Kampfes können die Kontrahenten entweder ausgelost werden, oder die Roboter werden in Gewichtsklassen eingeteilt. Die Informationen über den Roboter geben der Moderation etwas Inhalt, zum Anmoderieren der einzelnen Kämpfe. Wenn zwischen der Bauphase und dem eigentliche Wettkampf etwas Zeit liegt und die Teilnehmer*innen nochmals weggehen, ist es hilfreich, vor Kampfbeginn nochmals eine Anmeldung zu machen. So wird sichergestellt, dass Roboter die da sind, auch antreten.
Es ist empfehlenswert, die Ablaufpläne gut sichtbar auszuhängen und auch Infozettel mit dem Ablauf an alle Teilnehmenden zu geben. So wissen alle, wann sie wieder da sein müssen.
Die Kämpfe finden nach dem Knock-Out Prinzip statt. Für die Planung der einzelnen Runden kann eine Spielrunden-Matrix aus dem Sport verwendet werden.
Da vor allem der Spaß im Vordergrund steht, kann es auch mehrere Titel geben. So kann der Siegerroboter der “Bastard of the battles” sein oder es kann auch einen Preis für den Roboter geben, der sich am schüchternsten durch den Ring bewegt hat. Natürlich ist auch bei der Gestaltung des Pokals sehr viel kreativer Spielraum.
Die Moderation kann sehr viel zur Stimmung und Unterhaltung beitragen und manches Mal ist es an den Schiedsrichtern, zu entscheiden, ob einzelne Runden unentschieden sind und nochmals wiederholt werden müssen.
Inhalte:
Neben der Auseinandersetzung während dem Bauen mit der Thematik Robotik und damit ganz natürlichen Gesprächsanlässen, können auch gezielt Fragen zu verschiedensten Themen angestoßen werden:
- Zukunft der Arbeit
- Machine learning
- Rolle von Mensch und Maschine
- Zukunftsängste, werden Maschinen die Rolle von Menschen verändern?
- IT und Technologie
Wissenswertes:
Manche Roboter treten in mehreren Runden an und andere scheiden dafür gleich aus. Da es sehr unterhaltsam ist, ihnen zuzusehen, kann die Kampfarena im Anschluss an das Finale nochmals für alle freigegeben werden, um noch freundschaftliche Kämpfe abzuhalten. Außerdem ist es gut, schon während der Bauphase eine Fläche abzukleben, die der Größe der Kampfarena entspricht, um die Roboter zu testen. Oftmals ist es nämlich gar nicht so einfach einzuschätzen, wie schnell oder langsam sich ein Roboter bewegt.
Diese Anleitung ist unter CC-BY medialepfade.org veröffentlicht, also frei verfügbar und weiterbearbeitbar im Sinne einer Open Educational Ressource. Gerne führen wir auch mit Ihnen und ihrer Zielgruppe Hebocons durch bzw. unterstützen bei der Konzeption!
Wie so eine Hebocon ablaufen kann, sieht man zum Beispiel anhand dieses Videos. Diese Hebocon wurde während des 35. Chaos Communication Congress in Leipzig 2018 von uns mit Jugend hackt durchgeführt: